Digitalisierung in Deutschland genießt den Ruf, nur sehr zögerlich voranzukommen. Mir als Digital Native ist das befremdlich. Vor allem wenn ich Menschen Ü80 mit ihren Smartphones und Gadgets sehe. Dann bin ich mehr denn je überzeugt davon, dass wir mehr könnten, wenn wir wollten. Gerade in der Kommunikation sehe ich extremen Nachholbedarf, speziell was Automatisierung im B2B Marketing angeht.
In den 90er Jahren war Automatisierung DER Trend in der Industrie und sorgte für glänzende Augen bei Kunden und Verkäufern gleichermaßen. Jeder profitierte und entsprechend hoch war das Ansehen teil- oder vollautomatischer Systeme. Inzwischen ist der Blick auf die Automatisierung jedoch eine andere, denn der Grenznutzen ist in den meisten Industrien erreicht und weit überschritten − neuerdings sprechen die meisten Anbieter von Industrie 4.0 und IoT sowie über autonome Systeme und künstliche Intelligenz, gemeint ist häufig aber immer noch Automatisierung. Während die Produktion immer automatischer wurde, haben gerade Marketing und Vertrieb im B2B extremen Nachholbedarf, was die Automatisierung angeht.
Automatisierung braucht Tools
Ich bin nicht bekannt dafür, das Hohelied der Tools anzustimmen, aber wenn wir über Automatisierung im Marketing sprechen, dann geht das nur und ausschließlich über entsprechende Softwarelösungen, ganz unabhängig von B2B, B2C, B2G oder wie auch immer. Natürlich braucht es vor allem eine Strategie, damit Automatisierung im Marketing gelingen kann. Aus meiner Sicht helfen ehrgeizig formulierte KPIs dabei, das Thema Automatisierung im Marketing voranzutreiben, ganz klassisches Performance Marketing eben.
Wer nach den Begriffen „marketing automatisierung tools“ googelt, gelangt meist auf Seiten, die Gesamtlösungen anbieten oder vergleichen. Bis auf wenige Ausnahmen halte ich nicht viel von diesen Schweizer Taschenmessern der Kommunikation. Das liegt vor allem daran, dass sie selten ein Best of Breed sind, sondern eher Me-Too-Produkte. Das muss nicht schlecht sein, aber oftmals sind diese Tools zu sehr auf einen einzelnen Aspekt fokussiert, den sie besonders gut können und alles andere eben nur maximal second best. Bezahlen muss man aber in der Regel das gesamte Paket und das ist selten günstig. Meines Erachtens macht es daher mehr Sinn, wenn man sich mit einzelnen Lösungen an den Start begibt und hier die für die Aufgabe am besten geeigneten Werkzeuge wählt.
Die nachfolgende Liste ist ein guter Anhaltspunkt, um mit der Automatisierung Ihres B2B-Marketings zu beginnen und kann auch in der Reihenfolge als ToDo-Liste abgearbeitet werden:
E-Mail / Newsletter
Tools für Newsletter, Mailings und personalisierte E-Mails sowie Reminder
Social Media
Softwarelösungen zum automatischen bzw. zeitgesteuerten Posten, Kommentieren und Folgen
Leadgenerierung und -verwaltung
Werkzeuge für die Erstellung von Landingpages, Call-to-Actions sowie zum Tracking von Leads
Retargeting
Tools die ein Markieren und Tracken von Interessenten über Websitegrenzen hinweg erlauben
Wer im digitalen B2B-Marketing bzw. -Vertrieb auf E-Commerce Lösungen setzt, wird zusätzlich in diesem Bereich entsprechende Softwarelösungen zur Automatisierung von Geschäftsprozessen benötigen. Spätestens dann ist es notwendig, dass die einzelnen Lösungen enger ineinander greifen und unter Umständen empfiehlt sich dann der Einsatz einer ganzheitlichen Marketing-Automation-Suite, wie beispielsweise HubSpot. Wer es noch integrierter und tiefgreifender mag, dem empfehle ich einen Blick auf Marketing-Resource-Management (MRM) Systeme zu werfen. Damit gelingt dann auch die Ende-zu-Ende Digitalisierung im Marketing, allerdings gibt es aktuell nur wenige Softwarelösungen, die gleichermaßen gut für die Verwaltung von Marketing-Ressourcen und die Automatisierung von Prozessen im B2B-Marketing geeignet sind, dafür aber sehr kostspielig. Vielleicht reicht es ja, wenn Sie sich zunächst mit einem Corporate Newsroom auseinandersetzen und dort weitere Lösungen andocken.
Effizientes E-Mail- und Newsletter-Marketing
Inbound Marketing ist schon lange ein Top-Trend im B2B Marketing. Gerade im digitalen Bereich hat sich in den vergangenen Jahren viel getan und es gibt inzwischen eine Vielzahl an Möglichkeiten, um effizient und effektiv Inbount Marketing zu betreiben. Allerdings gibt es auch eine Konstante: E-Mail und Newsletter. Der Vorteil von E-Mails ist, dass man sie später lesen und gut in den täglichen Arbeitsalltag integrieren kann. Nicht wenige Firmen organisieren ihre Prozesse auch in Zeiten von Slack und Co. immer noch rund um E-Mail. Und ein Ende des Mail-Booms ist nicht absehbar. Wenn Sie trotz DSGVO noch keine zentrale und automatisierte Newsletterverwaltung nutzen, sollten Sie sich schnellstens mit einem der folgenden Systeme vertraut machen:
- CleverReach
↳ Marktführer in Deutschland mit Schwerpunkt DSGVO-Konformität. Einfache Handhabung, faire Preise. - MailChimp
↳ Internationaler Marktführer. Sehr einfach zu nutzen. Viele Schnittstellen zu Drittsystemen. - Rapidmail
↳ Kostengünstige Lösung, ohne Monatsabo. Einfaches System, dafür nicht sehr skalierbar.
Natürlich ist diese Liste (wie auch die folgenden) rein subjektiv und es gibt viele weitere Systeme, von Open Source bis Enterprise, die sich für die Automatisierung von Aufgaben und Prozessen im B2B-Marketing einsetzen lassen.
Social Media Automation
Gerade im Bereich Social Media ist es wichtig, sich Gedanken über die Automatisierung zu machen, vor allem dann, wenn Sie viele Kanäle und Konten betreuen. Sich manuell einzuloggen und Inhalte um Mitternacht aus einer Excel-Tabelle zu posten ist weder sinnvoll, noch effizient und schon gar nicht professionell − dafür aber oft noch zeitraubender Alltag im B2B-Marketing. Finden Sie Lösungen, die Sie bei allen Stufen unterstützen und auch das Community-Management (Kommentare, Likes, Feedback, Follower-Management) einbeziehen. Inzwischen gibt es Redaktionstools, die Sie zumindest beim Planen und Erstellen von Social Media Inhalten unterstützen:
- Buffer
↳ Social Media Inhalte gemeinsam planen, publizieren und analysieren. Simpel und fokussiert. - Hootsuite
↳ Internationaler Marktführer. Sehr ausgereifte Lösung für kleine und große Ansprüche. - Swat.io
↳ Social Media Management Tool mit definierbaren automatischen Aktionen.
Leadgenerierung und -management verbessern
In vielen Unternehmen übernehmen CRM-Tools weitreichende Aufgaben bei der Automatisierung von Leads, speziell aber beim Leadmanagement. Hinzu kommen zum Teil Werkzeuge, die im B2B-Marketing und Vertrieb bei der Generierung neuer Leads unterstützen. Auch hier gilt es, die Vor- und Nachteile gegen die Kosten abzuwägen, denn gerade zur Leadgenerierung gibt es sehr gute Softwarelösungen:
- Hull.io
↳ Customer Data Platform: Alle Kundendaten an einem Ort, über alle Tools und Kanäle hinweg. - LinkedIn Sales Navigator
↳ Teamfähiges Tool zur Generierung neuer und Qualifizierung bestehender Leads. - Unbounce
↳ Landingpages für bessere Conversion mittels Drag&Drop erstellen. Sehr einfach, faire Preise.
Effizientes Retargeting für B2B-Kontakte
Zwar wird Programmatic Advertising im B2B-Marketing bisher nur in wenigen Unternehmen eingesetzt, aber der Trend geht eindeutig in diese Richtung und damit auch zum Retargeting. Bisher hatte Retargeting im B2B seine Schwächen, doch inzwischen gibt es mit Account Based Retargeting eine speziell auf B2B ausgerichtete Variante des Retargetings, basierend auf den Ansätzen des Account Based Marketing. Mit Hilfe von datengetriebenen Ansätzen werden potenziellen und bestehenden Kunden personalisierte Marketing- und Vertriebsinhalte kommuniziert, um diese zielgerichtet und individuell anzusprechen und zu gewinnen. Dabei helfen unter anderem folgende Tools:
- AccountInsight
↳ Lösung zum gezielten Retargeting von Unternehmen bzw. Mitarbeitern auf IP-Basis. - Criteo
↳ Dynamisches Retargeting mit Customer Matching Funktionalität, auch für Apps. - Google Ads
↳ Kein echtes Retargeting, aber mit ein paar Kniffen eine kostengünstige und einfache Alternative.
CRM und Datenanalyse: Fundamente für die Marketing-Automatisierung im B2B
Vom Prinzip gehören Customer Relationship Management Lösungen sowie Werkzeuge zur Analyse ebenfalls in die Liste. Allerdings eher aus Gründen der Vollständigkeit, denn als explizite Tools zur Automatisierung. Gerade was die Automatisierung von Analysen im B2B-Marketing anbelangt, verlangt es nach tiefgreifendem Datenverständnis sowie Programmierkenntnissen, um dies wirkungsvoll und vor allem fehlerfrei umzusetzen. Wenn Sie sich intensiver mit diesem Bereich auseinandersetzen möchten, empfehle ich Ihnen den Einstieg ins Growth Hacking.
Noch komplizierter ist die Lage bei CRM-Tools: Sofern Sie im Unternehmen noch keines nutzen, ist es höchste Zeit. Allerdings werden Sie das nicht als Marketingalleingang einführen können und selbst wenn, sollten Sie sich das nach meinen Erfahrungen lieber noch zweimal überlegen. Oder um es weniger überspitzt zu sagen: Die Einführung eines CRM-Systems ist eine strategische Entscheidung mit hoher Tragweite und sollte von allen Abteilungen mit getragen werden, insbesondere aber von der Geschäftsführung.
Praxistipp: Zentrales System
Zum Abschluss noch ein Tipp, damit aus Ihren vielen Einzellösungen ein großes Ganzes wird: Suchen Sie sich ein zentrales System, das möglichst viele Schnittstellen zu anderen (marktführenden) Tools bietet. Damit haben Sie dann immer die Option, mit den bestehenden Lösungen zu wachsen und nicht in eine Sackgasse zu steuern. Beispielsweise das eingangs erwähnte HubSpot. Denn in vielen Einzellösungen liegt auch eine Gefahr bei der Automatisierung Ihres B2B-Marketings. Dann nämlich, wenn einzelne Tools Ihren Anforderungen nicht mehr genügen, nicht mehr up-to-date sind oder im schlimmsten Fall stillgelegt werden. Dennoch sind sie ein guter Startpunkt und lassen sich später in der Regel migrieren, sofern es keine allzu krassen Nischenprodukte sind.
Takeaway (TL;DR)
- Automatisieren Sie wiederkehrende Aufgaben, wie Social Media Postings oder Newsletter, zuerst.
- Starten Sie mit Einzellösungen, die Schnittstellen zu anderen marktführenden Systemen bieten.
- Falls Sie ein CRM haben (z.B. Salesforce), achten Sie unbedingt auf APIs zu dieser Software.
- Sofern Sie kein CRM haben, sorgen Sie für ein zentrales System (z.B. Content-Hub).
- Beginnen Sie mit einem einfachen Bereich und automatisieren Sie diesen soweit wie möglich.
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