Personas sind ein gutes Hilfsmittel, um Ihr B2B-Marketing up to date zu halten bzw. es dahin zu bringen. Was es jetzt noch braucht, sind Konzepte, Anleitungen sowie Best Practice Beispiele, mit denen Sie Personas in Ihrem B2B-Marketing-Konstrukt verankern können. Eines sollten Sie beim Entwickeln eines tragfähigen Persona-Konzepts mitbringen: Zeit. Und am besten kein Projekt, in dem Sie Personas direkt einsetzen wollen oder müssen.
Meistens geht es im Marketing um Buyer Personas, ich halte es aber für wichtig, die Entwicklung von Personas vom reinen Buyer Persona Thema zu entkoppeln. Sie werden Personas an verschiedenen Stellen im Marketing als sinnvolles Konstrukt erleben, beispielsweise beim Website-Relaunch oder für Kampagnen zur Leadgenerierung. Und nicht immer sind es reine Buyer Personas, denn auch Lieferanten und Partner oder Presse und sogar Endverbraucher können sinnvolle Personas im B2B sein. Deshalb habe ich die wesentlichen Fragen für das Arbeiten mit Personas im B2B-Marketing zusammengestellt und nachfolgend für Sie aufbereitet:
- Was sind Personas?
- Wozu benötigt man Personas?
- Wie verwendet man Personas im B2B-Marketing?
- Wie sieht ein Beispiel für eine Persona aus?
- Was muss ich tun, bevor ich eine Persona entwickle?
- Wie erstelle ich eine lebendige Buyer Persona?
Was sind Personas?
Aus dem Lateinischen „Persona“ lassen sich im Deutschen die Begriffe Rolle bzw. Maske ableiten. Dementsprechend dienen Personas zur Veranschaulichung typischer Vertreter einer bestimmten Zielgruppe. Sie werden mit einem Namen, einer Biografie, einer Funktion und weiteren Merkmalen ausgestattet und verfügen über Erwartungen, Werte und Ziele. Darüber hinaus zeigen sie gewisse Verhaltensweisen und -muster und haben bestimmte Vorlieben, ganz wie Personen im richtigen Leben. Damit ist eine Persona die Personifizierung einer Zielgruppe, ein gleichermaßen abstraktes wie konkretes Abbild, in das Sie sich hineinversetzen können. Gut ausformulierte und plastische Personas helfen Ihnen dabei, Annahmen über Kunden, Lieferanten oder Partner zu treffen und sich in die Lage der potenziellen Nutzer hineinzuversetzen.
Wozu benötigt man Personas?
Überall dort, wo Sie im B2B-Marketing auf Ihre Zielgruppen stoßen, sollten Sie über entsprechende Personas verfügen. Wie zuvor bereits erwähnt, funktionieren Personas wie ein Abbild einer echten Person. Sie sind sozusagen ein Avatar, mit dem Sie interagieren können – mehr dazu im Abschnitt „Wie verwendet man Personas im B2B-Marketing?“. In der Praxis werden Sie Personas vor allem für größere Blöcke innerhalb Ihrer Marketingkommunikation benötigen. Beispielsweise zum Relaunch der Website. Dort finden Sie dann nicht nur Buyer Personas, sondern mitunter auch Personas für Lieferanten, Partner oder Presse. Gleiches gilt für das Erstellen von Messekonzepten oder Informationsmaterial. In erster Linie sind Personas dazu da, die Kommunikation besser auf die Zielgruppen auszurichten und deren Bedürfnisse besser zu verstehen.
Wie verwendet man Personas im B2B-Marketing?
Idealerweise behandeln Sie Personas so, wie Sie echte Personen behandeln würden, um Informationen von ihnen zu erhalten: Stellen Sie Fragen. Denn letztlich sind Personas dazu da, Ihre Kunden konkreter zu machen und ihnen einen Namen und ein Gesicht zu geben. Je besser Sie eine Persona als Charakter ausformulieren, desto leichter wird es Ihnen und Ihrem Team fallen, die gestellten Fragen aus Sicht Ihrer Kunden zu beantworten. Weiter unten sehen Sie, wie Sie eine lebendige Persona erschaffen.
Eine Persona ist eine fiktive Figur, die aus realen Eigenschaften der zugehörigen Zielgruppe definiert wird. Sie steht ganz konkret für einen möglichen oder bestehenden Kunden.
Ansgar Hein, B2B-Marketeer
Ich habe in der Praxis gute Erfahrungen mit Stellvertreter-Modellen in Workshops gemacht. Dabei nimmt wechselnd ein Teilnehmer der Gruppe den Part des Befragers und ein anderer Mitwirkender die Position der Persona ein. Wichtig ist, dass jene Mitarbeiter, die in die Rolle der Persona schlüpfen, zu 100% aus Sicht dieser fiktiven Person argumentieren müssen! Das Hineinversetzen in einen Charakter wirkt sich entscheidend auf das Ergebnis au: Es kann dem Resultat ein Rauschen, also eine Ungenauigkeit, hinzufügen, oder aber dabei helfen, das Ziel klarer zu sehen – je nachdem, wie gut und tief man sich in die Persona hineinversetzt.
Durch das wechselnde Stellvertreter-Modell wird das Rauschen meiner Erfahrung zufolge reduziert, da sich Charakter- und Handlungszüge mehrerer Personen in einer Persona vereinen. Es gibt aber kein wissenschaftlich objektivierbares Richtig oder Falsch – probieren Sie aus, wie Sie am besten mit Personas arbeiten können und machen Sie das zu Ihrem Weg.
Wie sieht ein Beispiel für eine Persona aus?
Nehmen wir an, Sie haben einen Online-Shop für Rollatoren. Dann ist Ihre Zielgruppe relativ klar umrissen, denn es dürften in jedem Fall Menschen sein, denen das Laufen ohne Gehhilfe schwer fällt oder unmöglich ist. Sich hier „nur“ auf Senioren zu konzentrieren, könnte ein schwerwiegender Fehler sein. Mit Hilfe von Personas wird das noch einmal deutlicher.
Beispiel 1: Erna, 72, Rentnerin
Erna Kampbüchel lebt in einer 1-Zimmer Wohnung in Bottrop. Weil die 72-jährige Rentnerin keine Treppen mehr steigen kann, lebt sie im Erdgeschoss, obwohl sie sich dort nicht sicher fühlt. Erna ist Ruhrpottlerin durch und durch. Mehr als 40 Jahre hat sie in der Verwaltung eines Steinkohlebetriebs gearbeitet und dadurch eine bescheidene Rente, die sie aufgrund der günstigen Wohnung gut durch den Alltag bringt. Ihr Mann Hans hat sie vor über 20 Jahren verlassen, seither lebt sie alleine, aber nicht zurückgezogen. Sie ist ein lebenslustiger Mensch und engagiert sich beim Deutschen Roten Kreuz für die Belange von Senioren. Außerdem spielt sie gerne Rommé und trifft sich jeden Sonntag mit Freundinnen zum Sonntagskaffee.
Seit einigen Jahren macht ihr die Hüfte Probleme und es fällt ihr schwer, länger zu gehen oder zu stehen. Inzwischen kann sie die Einkäufe nicht mehr selbst tragen und musste auch öfter schon private Termine absagen, weil sie einfach nicht mehr so mobil ist. Im Internet hat sie im Apotheken-Magazin gelesen, dass es schicke Rollatoren gibt, die nicht so altbacken daherkommen und zudem leicht sind. Denn es ist ihr wichtig, gepflegt und modern zu wirken. Und selbstbestimmt, abhängig war sie in ihrem Leben noch nie. Ein Rollator kam für sie daher lange nicht in Frage, schon gar nicht so ein Kassenmodell! Das würde auch nicht zu ihrem dynamischen Kurzhaarschnitt und der flotten rot-gerahmten Brille sowie ihren engen Stoffhosen passen.
Beispiel 2: Marco, 34, Steuerberater
Seit er vor einigen Jahren die Diagnose Parkinson erhielt, hat sich in Marco Willmers Leben einiges verändert. Seine Motorik ist seit der Diagnose zusehend weiter eingeschränkt, auch wenn seine neuen Medikamente das Fortschreiten deutlich verlangsamt haben. Er empfindet es als großes Glück, privat versichert zu sein und so Zugriff auf bestmögliche medizinische Behandlung zu haben. In seinem Job und auch im privaten Alltag nutzt er jedes technische Hilfsmittel, dass ihm dabei hilft, sein Leben leichter zu machen – vom motorbetriebenen Löffel, der das Zittern ausgleicht, bis zur Spracheingabe am PC mit Kurzbefehlen. Sprechen geht zwar, dauert aber etwas länger. Immerhin kann er besser sprechen als tippen.
In seinem Job als Steuerberater hat er nicht viel Kundenkontakt und die Kommunikation mit Klienten übernehmen seine Assistentinnen. Er verdient überdurchschnittlich gut und ist topmodisch gekleidet. Auf seinem neuen iPhone 12 finden sich vor allem Apps für Shopping und Spiele, aber auch einige Messenger und Reiseplaner. Seine Freunde beschreiben ihn als humorvollen und sehr zuverlässigen Menschen. Inzwischen kann er leider nicht mehr an allen Aktivitäten seines Freundeskreises teilnehmen, da er mit dem Gehstock immer öfter weg knickt und sich einmal bei einem Sturz verletzt hat, wenngleich nicht schwer. Seitdem sucht er nach einer Alternative. Für ihn ist es wichtig, selbstbestimmt zu sein und ein Rollstuhl kommt für ihn erst dann in Frage, wenn sonst nichts mehr geht. Deshalb hält er sich im Rahmen seiner Möglichkeiten fit und besucht mehrmals wöchentlich eine Sprachtherapeutin.
Learning aus den Persona-Beispielen
Beide Beispiele zeichnen in Kurzform das Bild einer Person, ähnlich wie in guten Romanen, wo in der Regel vor allem die Protagonisten so gut entwickelte Charaktere sind, dass sie vor dem geistigen Auge Gestalt annehmen. Ich habe beim Entwickeln von Personas schon häufiger daran gedacht, einmal mit Romanautoren zusammenzuarbeiten – das muss ich in Zukunft als Idee verfolgen. Jedenfalls zeichnen beide Persona-Beispiele ein Bild von möglichen Kunden für einen Rollator. Und zwar beide für hochwertige Rollatoren, aber mit ganz unterschiedlichem Background. Wichtig ist, dass Sie eine überschaubare und handhabbare Anzahl an Personas entwickeln. Seien Sie (zu Beginn) lieber fokussiert und gehen auf die Zielgruppe ein, die Ihnen die besten Umsatzchancen bietet.
Was muss ich tun, bevor ich eine Persona entwickle?
Bevor Sie damit anfangen, eine Persona zu entwickeln, müssen Sie zunächst Informationen über die stellvertretende Zielgruppe zusammentragen. Mithilfe von quantitativen und qualitativen Methoden sollten Sie geeignete Nutzerdaten erheben, also beispielsweise über Interviews, aus Ihrem CRM-System oder über Online-Befragungen.
Weiterhin lohnt es sich, mit Ihrem Vertrieb und/oder Außendienst zu sprechen, um die Daten aus der Analyse mit Erlebnissen und Erfahrungen aus der Praxis anzureichern. Eine wichtige Personengruppe aus Ihrem Unternehmen sollten Sie hier unbedingt hinzuziehen: Den Service. Niemand in Ihrem gesamten Unternehmen kennt Kunden so gut und so genau, wie es der Service tut. Denken Sie daran: Je besser Sie Ihre Persona kennenlernen, desto besser wird Sie später funktionieren. Gute Romanautoren verbringen nicht umsonst viel Zeit mit Recherchen und Charakterstudien, bevor sie mit dem Schreiben beginnen – widmen Sie Ihren Personas ebenfalls ein Höchstmaß an Aufmerksamkeit. Die meisten Personas, die mir bisher begegnet sind, sind bestenfalls Lebensläufe und entsprechend eindimensional.
Wenn Sie alle Rechercheaufgaben erledigt haben, sollten Sie sich ansehen, ob die ermittelten Daten irgendwelche Trends ergeben. Sind unter den potenziellen und bestehenden Kunden viele Männer über fünfundvierzig? Haben die meisten als Hobby Golf angegeben? Leben Ihre Kunden eher ländlich oder in einer Großstadt? Gibt es Gemeinsamkeiten bei der Ausbildung? Welche Funktion haben die Personen im Unternehmen? Welche Weiteren Gemeinsamkeiten treten zutage? Konkret geht es darum, Trends und Muster in den Daten zu erkennen. Mit Hilfe von Segmentierungs- und Analyseverfahren können Sie aus den erhobenen Parametern und Werten repräsentative Daten extrahieren, die Ihre Zielgruppe umreißen. Hier lohnt es sich meiner Meinung nach, mit erfahrenen Datenanalysten zusammenzuarbeiten oder diese bereits im Team zu haben.
Wie erstelle ich eine lebendige Buyer Persona?
Was also macht eine gute Persona aus und wie erarbeiten bzw. erschaffen Sie diese? Sie werden beim Analysieren und Verdichten der Daten bereits feststellen, dass sich bestimmte Muster abzeichnen, die Sie als Grundlage für die Charakterentwicklung einer Persona heranziehen können. Weiterhin empfiehlt es sich, einen Fragenkatalog zu erarbeiten bzw. eine Checkliste, die beim Herausarbeiten der Ecken und Kanten des Profils behilflich ist. Aus meiner Erfahrung ist es sinnvoll, am Ende der Zuspitzung auf einer Persona dieser auch ein Gesicht zu geben, also ein Foto. Und eine kleine Story, wie in meinen Beispielen, nur gerne noch ausführlicher. Wichtig ist, dass die Ziele, Motivationen und Barrieren sowie die Persönlichkeitsmerkmale der Persona deutlich hervortreten. Was sind ihre Werte? Was wünscht sie sich? Wovor hat sie Angst? Was schränkt sie ein? Was treibt sie an und wofür brennt sie?
Einen guten Startpunkt für die Entwicklung einer Buyer Persona für das B2B-Marketing bietet der Leitfaden von Hootsuite, den Sie sich kostenlos herunterladen können. Oder Sie schauen sich das informative und hilfreiche Video „Wie geht eigentlich Persona“ von XO Projects an und laden deren gut gemachte Vorlagen für die Entwicklung von Personas herunter. Am besten kombinieren Sie beides und sind anschließend fit für die Erstellung Ihrer eigenen Persona.
Takeaway (TL;DR)
- Personas helfen Ihnen bei der Erstellung zielgerichteter Kommunikationsmaßnahmen.
- Sie sind fiktive Figuren, die als Platzhalter für echte Kunden und deren Bedürfnisse stehen.
- Einsatzbereiche für B2B-Personas sind Website-Entwicklung, Messen, Broschüren, uvm.
- Um Personas zu entwickeln, ist einiges an Recherche und Vorarbeit notwendig.
- Personas bestehen aus konzentrierten Nutzermerkmalen.
- Das Arbeiten mit Personas funktioniert am besten durch Fragestellungen an die Persona.
- Nutzen Sie Team-Workshops und Stellvertreter-Modelle, um Ihre Personas zum Leben zu erwecken.
Bildquellen
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Rand Fishkin von SparkToro hat einen fantastischen Artikel über Personas im Marketing geschrieben und warum diese fast immer scheitern. Lesensert!
https://sparktoro.com/blog/marketing-personas-are-almost-always-a-boondoggle-but-they-dont-have-to-be/
Nach wie vor von großer Aktualität ist auch dieser Beitrag von Adele Rivella aus dem Jahr 2012 über Irrtümer bei der Erstellung und Verwendung von Buyer Personas: https://contentmarketinginstitute.com/2012/08/4-common-persona-mistakes-to-avoid/