Marketingfachkraft, Marketing-Manager:in, Marketing-Referent:in – Wertschätzung im Marketing geht auch über Titel

Die Marketingfachkraft: Unterstützung für den Vertrieb

Was Titel im Marketing mit Wertschätzung und Kommunikation zu tun haben.

Was Titel im Marketing mit Wertschätzung und Kommunikation zu tun haben.

Wenn der Vertrieb in Industrieunternehmen Unterstützung benötigt, dann wird schnell der Ruf nach einer Marketingfachkraft laut. Es braucht halt die eine Person, die sich mit den Themen Marketing und Werbung auskennt – also eine Fachkraft. Nicht selten besteht der Wunsch, diese Marketingfachkraft nicht fest anzustellen, sondern möglichst frei bzw. flexibel. Oder in Teilzeit. Soweit, so gut.

Ich möchte kein Spielverderber sein, aber ganz so simpel ist die Marketing- und Vertriebslandschaft in den fortgeschrittenen 2000ern nicht (mehr). Das hat auch die überwiegende Mehrheit der Unternehmen begriffen, die Unternehmensprofile auf LinkedIn und anderen Social Media Plattformen aktiv pflegen. Es gibt aber immer noch viele Hidden Champions, die nicht in sozialen Medien aktiv sind und deren Umsätze im zwei- oder dreistelligen Millionenbereich liegen. Eine Marketingabteilung haben diese Unternehmen ebenso wenig, wie einen modernen Vertrieb mit CRM, Sales Funnel, MQL/SQL oder systematischer Leadgenerierung. Und dennoch gibt es diese Unternehmen und gar nicht einmal so wenige.

Kommunikation im Mittelstand (z.B. im Maschinenbau) ist eine Aufgabe für das Marketing

Mittelstand, Maschinenbau, Marketing

Gerade KMUs aus den Bereichen Maschinenbau und Elektrotechnik fallen in diese Kategorie. Oftmals in ländlicheren Regionen ansässig, sind sie das Rückgrat der deutschen Wirtschaft. Kontakte werden auf Messen und Veranstaltungen geknüpft, gerne auch über Handwerkskammer, IHK oder andere Organisationen. Das Credo: „Gute Produkte verkaufen sich von alleine.“ Mich freut es immer, wenn es Beispiele gibt, wo das tatsächlich zu Teilen zutrifft. Allerdings gelten die Regeln und Wirkungsweisen der Globalisierung auch im deutschen Hinterland. Und weil das so ist und der Vertrieb das als erstes spürt, braucht es mehr Aufmerksamkeit für die eigenen Produkte und Leistungen. Also Marketing.

Marketingfachkraft vs. Marketing Manager

Hier kommt besagte Marketingfachkraft ins Spiel. Was in den Ohren vieler Marketer wie ein Affront klingt, ist eigentlich ein Lob: Eine Fachfrau oder einen Fachmann für das Thema Marketing. Oder korrekt gegendert: Eine Fachkraft für Marketing. Nur sucht eben heute kein Marketer nach einer Stellenanzeige für Marketingfachkraft. Die Suchprofile lauten auf Marketingassistent:in, Marketing Manager:in, Marketingreferent:in oder weitaus spezialisiertere Jobtitel. Und hier fängt mein Job als Marketer dann schon an: Während der Begriff „Marketingfachkraft“ in einer Jobsuchmaschine wie Kimeta nur rund 50 Treffer deutschlandweit erzielt, generiert „Marketing Manager“ über 6000 Ergebnisse. Die Zahlen sprechen eine klare Sprache und trotzdem kenne ich Geschäftsführer und gestandene Manager, die für die Nische argumentieren, getreu dem Motto: „Lieber Qualität als Quantität“. Da sage ich dann gerne: „Das Eine tun und das Andere nicht lassen.“ Dann ist die Menge 6050 mögliche Bewerber, aber eben nicht nur 50.

Wenn sich also mit so einfachen Maßnahmen bereits die Wahrscheinlichkeit, in einer Suche aufzutauchen um das 120-fache erhöhen lässt (und ja, ich weiß, dass das so mathematisch-stochastisch nicht korrekt ist, aber plakativ), dann kann ich mir leicht ausmalen, wie viele Potenziale sich in solchen Unternehmen in kurzer Zeit mit gutem Marketing heben lassen.

Marketingfachkraft: Au Backe – da gibt es passendere Jobbezeichnungen

Was der Begriff Marketingfachkraft bei mir auslöst

Marketing hat viel mit Kommunikation und deren Wirkung zu tun. Letztlich geht es immer darum, Menschen von einem Produkt oder einer Leistung so zu überzeugen, dass sie es kaufen möchten. Wenn mich aber schon der Name des Produktes oder der Leistung nicht einfängt, weil es nicht attraktiv klingt, dann hat es schon verloren, bevor der Kampf so richtig losgehen kann. Ein Rohrkrepierer. Und genauso sehe ich das beim Begriff „Marketingfachkraft“. Das ist schlicht und ergreifend nicht sexy, klingt nach 08/15 und dem behördlichen Abarbeiten, aber nicht nach einer attraktiven und sinnstifenden Aufgabe. Mal ganz zu schweigen vom Subtext: Einfacher Job, geringe Bezahlung.

Klar, nicht jede Stelle im Marketing rechtfertigt eine:n Marketing Manager:in, aber es gibt auch die Option „Marketingreferent:in“ als Alternative. Oder man stellt noch ein „Junior“ vor das Wortpaar „Marketing Manager:in“, wenn man nach oben hin noch Raum für Entwicklung schaffen möchte. Für mich bedingt ein Junior zwar auch immer einen Senior als Mentor:in, aber ich kenne auch Fälle aus der Praxis, wo Junioren ohne Vorgesetzte zeigen, dass sie Verantwortung übernehmen und für ihre Unternehmen sehr erfolgreiche Arbeit leisten. Ob das fair ist, oder nicht, das lasse ich mal dahingestellt sein.

Vertriebsfachkraft anybody?

Ein weiteres Argument, das aus meiner Sicht gegen die Suche nach einer Marketingfachkraft spricht, ist ein Gleichberechtigungsgrund. Mir ist in meiner Laufbahn bisher noch kein Stellenangebot aus dem Bereich Vertrieb/Sales unter gekommen, in dem nach einer Vertriebsfachkraft gesucht wird. Meistens war das Wort „Fachkraft“, wenn überhaupt, dann im Kontext der „Bürofachkraft“ zu finden. Und selbst das finde ich keine gelungene Bezeichnung für das, was diese Personen leisten. Ich kann mir einfach nicht vorstellen, dass jemand mit so etwas wie stolz erzählt, dass man als Bürofachkraft tätig ist. Welche Expertise hat man denn dann? Die für Büros? Da lobe ich mir doch die Marketingfachkraft als Begriff, das bezieht sich wenigstens nicht auf eine räumliche Einheit.

Telefonstreich rund um Titelgehabe: Haben Sie in Ihrem Unternehmen etwa keinen Chief of Heavy Overdose Lightning & Strike Detonator?

Natürlich steckt in den Absätzen zuvor ein ordentliches Maß an Überspitzung. Zwischen den Zeilen geht es aber um Wertschätzung für Leistung. Und die geht nunmal auch über den Titel. Es muss ja nicht gleich jeder ein „Head of“ sein, darüber hat sich Radio PSR vor einigen Jahren bei einer großen Werbeagentur lustig gemacht.

Wertschätzung, nicht nur für Marketer

Marketing-Menschen kennen Sätze wie „Ihr haut doch eh nur die Kohle raus“ oder „Außer bunten Bildchen macht ihr doch den ganzen Tag nix“. Inzwischen kommt gerne auch „Ihr surft ja nur auf Facebook und YouTube rum, dafür möchte ich auch mal soviel Geld bekommen“ dazu. Geht beir mir links rein, rechts raus. Über zwanzig Jahre im Marketing und die Arbeit als Interim Marketing Manager machen das mit einem, schätze ich. Ich kenne keine Abteilung, die dermaßen schlecht in der Wahrnehmung dasteht, wie das Marketing. Zuweilen vielleicht noch der HR-Bereich, aber angesichts der Personalknappheit ändert sich hier das Bild zum Glück und die Wertschätzung nimmt zu. Richtig so!

Möglicherweise sind Menschen, die in der Kommunikation arbeiten, aber auch sensibler im Hinblick auf Worte und deren Bedeutung. Das haben schon weitaus intelligentere Menschen erkannt, wie beispielsweise Wittgenstein, dessen Ausspruch „Die Grenzen meiner Sprache bedeuten die Grenzen meiner Welt“ das Phänomen gut umreißt. Wertschätzend wäre es schon, wenn man Marketern gegenüber eben nicht den naheliegend drögen Spruch abdrückt. Oder bei der Jobausschreibung einen vernünftigen Titel ausdenkt, der auch gleich mehr Menschen in der Zielgruppe anspricht. Und Wertschätzung hört da nicht auf, sondern geht weiter und trifft auf Kund:innen, Partner:innen, Lieferant:innen und überhaupt auf alles, was uns im Unternehmenskontext umgibt. Vieles davon hat mit Kommunikation zu tun, was mich um Beginn meines Textes führt. Zur Suche nach einer Fachkraft für Marketing und Kommunikation. Dass die nicht so heißen muss, wissen Sie ja jetzt.


Takeaway (TL;DR)

  • Vermeiden Sie den Begriff Marketingfachkraft bei Jobangeboten im Marketing
  • Verwenden Sie lieber (Junior) Marketing Manager:in oder Marketingreferent:in
  • Ein Jobtitel drückt Wertschätzung aus – auch bei Kolleg:innen aus anderen Abteilungen

Bildquellen

Ansgar Hein
Während meiner zwanzigjährigen Laufbahn hatte ich das Privileg, zwei Unternehmen erfolgreich zu gründen, zu leiten und zu veräußern. Ich habe Events etabliert, Geschäftsmodelle (weiter)entwickelt und andere Kulturen und Lebensweisen kennengelernt. Im Laufe meiner Marketing-Karriere wurde meine Arbeit mehrfach ausgezeichnet. Seit mehreren Jahren halte ich Vorlesungen und Vorträge über Marketing, Web-Technologien und das Internet of Things. Mit Think B2B bin ich Ihre externe Marketingabteilung, Ihr Interim Marketing Manager oder Ihr B2B Marketingberater in Köln/Bonn.